20 Jahre Model United Nations SH – Die GFS mittendrin!

Fünf Tage lang tauchten Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs 12 in die Welt der internationalen Diplomatie ein. Als Delegation Südkoreas nahmen sie an der 20. Model United Nations Schleswig-Holstein (MUNSH) teil und erlebten hautnah, wie politische Prozesse auf globaler Ebene funktionieren. Gemeinsam mit rund 350 Teilnehmenden aus ganz Deutschland sowie Schülerinnen und Schülern aus Spanien, Griechenland, Dänemark, der Türkei und Ägypten debattierten sie über drängende Fragen der internationalen Politik und entwickelten Lösungsvorschläge für globale Herausforderungen.

Model United Nations-Konferenzen (MUNs) sind internationale Planspiele, bei denen die Teilnehmenden die Rolle von Diplomatinnen und Diplomaten übernehmen. In simulierten UN-Gremien debattieren sie weltpolitische Themen, verhandeln diplomatische Kompromisse und verabschieden Resolutionen. Dabei vertreten sie nicht ihre persönliche Meinung, sondern die offizielle Position eines ihnen zugewiesenen Landes oder einer Nichtregierungsorganisation (NGO). Die Verhandlungen orientieren sich an den realen Abläufen der Vereinten Nationen, mit formellen Debatten nach einer festgelegten Geschäftsordnung und informellen Arbeitsphasen, in denen im diplomatischen Dialog gemeinsame Resolutionen ausgearbeitet werden. Neben den Delegierten spielen auch NGOs und die Presse eine wichtige Rolle innerhalb der Konferenz.

Bereits die feierliche Eröffnung der diesjährigen Konferenz im Audimax der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel war ein eindrucksvoller Auftakt. Hier versammelten sich die Teilnehmenden, um sich auf die bevorstehenden Debatten einzustimmen und die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit zu reflektieren. Begleitet wurde diese Eröffnungsveranstaltung durch Reden der Generalsekretärin der MUNSH Mona Bickel-Dabadghao, der Landtagsvizepräsidentin Eka von Kalben und Dr. Hauke Petersen, der Stellvertreter des Landesbeauftragten für Politische Bildung. Anschließend begannen die intensiven Verhandlungen im Schleswig-Holsteinischen Landtag, der seit vielen Jahren Gastgeber der Model United Nations Schleswig-Holstein ist. Die Sitzungen fanden in den Räumlichkeiten des Parlaments statt, was der Konferenz eine besonders authentische Atmosphäre verlieh.

Während der Konferenz standen zahlreiche komplexe Themen auf der Tagesordnung, darunter Meinungsfreiheit und Desinformationskampagnen, der Einfluss von Geo-Engineering auf den Klimawandel, Ausbeutung in der Kaffeeproduktion, Hunger und Ernährungssicherheit, Cyberkriminalität und digitale Sicherheit sowie Generationengerechtigkeit. Auch Korruptionsbekämpfung in Postkonfliktgebieten und internationales Steuerrecht wurden behandelt. Die Schülerinnen und Schüler mussten sich intensiv mit der politischen Position ihres jeweiligen Landes auseinandersetzen, ihre Argumente überzeugend vertreten und in Verhandlungen mit anderen Delegierten Kompromisse finden. Dies erforderte analytisches Denken, diplomatisches Geschick und strategisches Verhandeln, um Allianzen zu schmieden und mehrheitsfähige Lösungen zu erarbeiten.

Doch MUNSH geht über das reine Verhandeln hinaus: Die Projekte sind eine einmalige Chance, einen fairen Umgang mit Andersdenkenden und die vorurteilsfreie Auseinandersetzung mit deren Standpunkten beispielhaft vorzuleben. Sie ermöglichen es den Teilnehmenden, sich in unterschiedliche Perspektiven hineinzuversetzen, Argumente kritisch zu hinterfragen und konstruktive Lösungsansätze zu entwickeln. In einer Zeit, in der Polarisierung und schnelle Urteile oft den öffentlichen Diskurs bestimmen, bieten sie einen geschützten Raum für respektvollen Dialog, gegenseitiges Verständnis und die Fähigkeit, auf Basis von Fakten und Diplomatie gemeinsame Entscheidungen zu treffen. So tragen sie nicht nur zur politischen Bildung bei, sondern fördern auch Werte wie Toleranz, Empathie und interkulturelle Kompetenz.

Neben den herausfordernden Diskussionen bot die Konferenz auch Raum für persönliche Begegnungen und kulturellen Austausch. Nach Tagen intensiver politischer Auseinandersetzungen fand der Diplomatenball statt, der den feierlichen Abschluss der Veranstaltung bildete. Hier hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in einem festlichen Rahmen auszutauschen, Freundschaften zu schließen und die gemeinsam verbrachte Zeit Revue passieren zu lassen.

Die Teilnahme an Model United Nations ist für junge Menschen eine außergewöhnliche Erfahrung mit vielen Vorteilen. Sie erhalten nicht nur einen Einblick in die Arbeitsweise der Vereinten Nationen, sondern lernen auch, wie internationale Politik funktioniert und welche Herausforderungen mit globalen Entscheidungsprozessen verbunden sind. Darüber hinaus fördert das Planspiel persönliche Kompetenzen: Die Teilnehmenden trainieren ihre rhetorischen Fähigkeiten, verbessern ihre Verhandlungstechniken und entwickeln ein tieferes Verständnis für fremde Perspektiven und Kulturen.

Model United Nations gibt es weltweit in verschiedenen Sprachen und für unterschiedliche Altersgruppen. Jede Konferenz hat ihre eigenen Besonderheiten, doch alle verfolgen das gemeinsame Ziel, jungen Menschen die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit näherzubringen und ihnen eine spannende sowie bereichernde Erfahrung zu ermöglichen.

Mit vielen neuen Erkenntnissen, wertvollen Erfahrungen und vielleicht sogar dem Wunsch, sich zukünftig noch stärker mit globalen Fragen auseinanderzusetzen, kehren die Schülerinnen und Schüler der GFS aus Kiel zurück. Denn eines wurde bei dieser Konferenz deutlich: Diplomatie bedeutet, die Welt aktiv mitzugestalten – durch Verstehen, Verhandeln und Verändern.

Text und Fotos: Dominic Hermes