Farbe im Grauen. Workshop mit Zeichnungen eines Holocaust-Überlebenden an der GFS

Der Kunsthistoriker Dr. Jörn Wendland bietet Workshops mit Zeichnungen des Holocaust-Überlebenden Alfred Kantor für Schulen an, um Jugendlichen die Zeit des Nationalsozialismus näherzubringen.

Wie kann man die Schülerinnen und Schüler einmal anders an die Geschichte des Holocaust und der Judenvernichtung heranführen? Das fragten sich auch die ReligionslehrerInnen Maike Scharf und Marco Weustenfeld, als sie Dr. Jörn Wendland mit seinem Workshop an die Graf-Friedrich-Schule in Diepholz einluden. Gedacht war das Programm als Abschluss der Unterrichtsreihe „Antisemitismus“ für die Religionskurse 10 und 11. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutete dieser Workshop, der vom Landespräventionsrat Niedersachen im Rahmen des „Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert wurde, einen ungewöhnlichen, aber dennoch spannenden Zugang zum Thema Nationalsozialismus und Holocaust. Er erzählt die Geschichte von Deportation, Konzentration, Tod und Vernichtung auf ganz anderer Weise – anhand der Bilder des Künstlers und Überlebenden Alfred Kantor.

Alfred Kantor wurde in 1923 in Prag geboren. Später fing er eine Ausbildung als Schaufensterdekorateur an, musste die Schule aber nach einem Jahr aufgrund der antijüdischen Gesetze im der von Nazideutschland besetzen Tschechoslowakei wieder verlassen. Mit 18 Jahren kam er ins Ghetto Theresienstadt, überlebte später auch das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz sowie das Arbeitslager Schwarzheide bei Dresden. Nach der Befreiung dokumentierte er seine Leidenszeit in zahlreichen bunten Aquarellzeichnungen.

Eine Auswahl dieser beeindruckenden Bilder zeigte Dr. Jörn Wendland nun den Schülerinnen und Schülern in Diepholz. „Mit Hilfe der Zeichnungen erhalten die Jugendlichen vielleicht einen leichteren Zugang in diese doch manchmal schwere Thematik.“, erklärt der Kunsthistoriker.

Auch die Schülerin Marisa van Lessen findet, dass die Aquarellbilder von Kantor einen Vorteil gegenüber den Filmen oder Textdokumenten über diese Zeit haben, da sie mehrdeutig seien. „Man kann sie auf verschiedene Art und Weise interpretieren. Das gefällt mir manchmal besser als die Eindeutigkeit bei den anderen Medien.“, sagt sie.

Ebenso beeindruckte der Zeichenstil die Jugendlichen. Er wirke schnell und hastig gezeichnet, sehr skizzenhaft. Das verwundere jedoch nicht, so Alicia Dullweber, da sie ja innerhalb von nur zwei Monaten kurz nach der Befreiung in einem Auffanglager für jüdische Überlebende gezeichnet wurden.

Darüber hinaus blieb den SchülerInnen auch die verwendete Symbolik in den Bildern nicht verborgen. So könnte der Rauch in vielen Darstellungen auf die Krematorien in Auschwitz hinweisen. An anderer Stelle machte ein geöffneter Schlagbaum den Wunsch der Häftlinge nach Freiheit deutlich, der aber ausschließlich - in der Abbildung durch einen Pferdekarren mit Holzsärgen sichtbar – den Toten vorbehalten war.

Zum Schluss des Workshops zeigte Dr. Jörn Wendland noch einige aktuelle Zeichnungen von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan, in denen diese ihre leidvollen Erfahrungen verarbeiten. Dadurch wurde den SchülerInnen die aktuelle Relevanz der Thematik noch einmal sehr deutlich.

Text und Foto: Dr. Jörn Wendland/Maike Scharf