Auf den Spuren von Tätern und Opfern der NS-Herrschaft in Erfurt und Buchenwald

Ende Januar 2015 sind 23 Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs, sieben Referendarinnen und Referendare und der französische Austauschlehrer Alexandre Voillequin nach Thüringen gereist. Ziele der Reise: der Erinnerungsort Topf & Söhne (die Ofenbauer von Auschwitz) in Erfurt und die Gedenkstätte Buchenwald. Die Arbeit am Lernort Topf & Söhne hat die Schüler beunruhigt. Vorbehaltlos hat ein ganz normales deutsches Privatunternehmen, das sein Geld mit Brauereitechnik und dem Bau von Krematorien für städtische Friedhöfe verdiente, mit der SS zusammengearbeitet. Ganz normale Erfurter Ingenieure traten der SS in den 1940er Jahren als selbstbewusste Geschäftspartner und nicht als Befehlsempfänger gegenüber. Wirtschaftlich hatte das Unternehmen die Kooperation nicht nötig. Die Ingenieure dachten sich freiwillig in die praktischen Probleme der Vernichtung hinein und entwickelten in Erfurt technische ›Lösungen‹ für den Massenbetrieb der Öfen und die Entlüftung der Gaskammern in Auschwitz. Und alle wussten – mitten in einer deutschen Stadt – Bescheid: die Ingenieure und Monteure, die zwischen Erfurt und Auschwitz in Oberschlesien pendelten, die Arbeiter, die Buchführung und die Sekretärin im Verwaltungsgebäude. Die Tatsachen, etwa der Bau der Gaskammern, wurden im geschäftlichen Briefverkehr zwischen der SS und der Firma nicht verschleiert. Vor Ort konnten die Schüler forschend-entdeckend mit den schriftlichen Quellen des Unternehmens arbeiten. Das geschichtswissenschaftliche Prinzip der Autopsie, das heißt die originalen Quellen selber zu sehen und zu interpretieren, machte den Unterschied zum normalen Geschichtsunterricht im Schulgebäude aus. Aus der Abwesenheit von Mitmenschlichkeit kann Mittäterschaft an einem Verbrechen werden. Diesem Problem stellten sich die Schüler auch in ihrer eigenen Gegenwart: Wofür sind Menschen (und sie selbst) in Deutschland heute bereit, ihre Schaffenskraft und Kreativität im Beruf zur Verfügung zu stellen? Für Rüstung und Waffenexporte?

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